Bonus-Epilog "Never tempt your Boss"

Lennox

Acht Monate später

 

»Scheiße, seht euch an, wie kitschig schön es hier ist. Liam, Maeve, Blake und Asher haben sich echt den feuchten Traum eines jeden Weddingplanners erfüllt.« Mit dem Kopf deutete ich auf die Kulisse vor uns. Weißer Sandstrand, türkises Meer und ein Hochzeitsbogen, geflochten aus grünen Palmenblättern, verziert mit weißen, gelben und hellrosafarbenen Blüten. Links und rechts standen eine Menge Stühle, von denen bereits ein paar besetzt waren. Der Rest der Gäste wartete noch beim Sektempfang und alle waren gut gelaunt und voller Vorfreude. Von Blake wusste ich, dass insgesamt einhundertzweiundsechzig Verwandte und Personen aus dem engeren Freundeskreis der vier geladen waren – und dass Blumenkinder weiße Blütenblätter im Mittelgang streuen würden.

Die beiden Paare hatten beschlossen, eine Doppelhochzeit zu feiern und sich auf Kuba nacheinander das Jawort zu geben. Praktisch für die Gäste, die sich nur einmal in Schale werfen mussten, auch wenn ich mir so etwas für mich nicht vorstellen konnte.

Wir standen barfuß im Sand und trugen – wie alle Leute hier – auf Wunsch der Hochzeitspaare Kleidung in den Farben der Hochzeit. Cameron und ich hatten uns für weiße Leinenhosen entschieden, zu denen ich ein blassrosa und er ein gelbes Hemd anhatte. Sarinas Kleid war am Oberteil pink und ging ab der Taille in ein helles Vanille über.

Etwas abseits standen die Tische für das Dinner und die blütenweißen Tischtücher wehten sanft im Wind. Außerdem war eine kleine Bühne aufgebaut worden, auf der zwei Männer auf Timbas und Bongos sowie eine Frau auf Maracas spielten, um die Gäste auf die Hochzeit einzustimmen. Später würden zusätzlich eine Trompete, eine Gitarre und eine Tres zum Einsatz kommen – zumindest konnte ich die Musikinstrumente bereits auf der Bühne erkennen. Davor war eine Tanzfläche im Sand abgesteckt, und ich konnte es kaum erwarten, dort mit Cameron und Sarina zu tanzen.

»Wünschst du dir auch irgendwann so etwas?«, wollte Sarina wissen und lenkte mich von meinem kleinen Rundblick ab.

Kurz schaute ich zu Cam, der mich neugierig musterte.

In der Vergangenheit hatten wir bereits ein paarmal über unsere Zukunft gesprochen, eine Hochzeit war darin jedoch noch nie vorgekommen. Inzwischen waren wir allerdings an einem Loft am Highland Park dran, der Gegend, in der Cameron schon immer hatte wohnen wollen. Wir hatten da eine Immobilie im Blick, die ausreichend Platz für uns drei bot. Die Chancen standen gut für uns, vor allem, da wir die Maklerin von einer der Partys kannten. Ja, wir hatten noch zweimal an einer teilgenommen, aber eher, um anderen beim Sex zuzusehen oder uns dabei beobachten zu lassen. Dazugeholt hatten wir niemanden mehr, weil es sich für uns nicht länger richtig angefühlt hatte.

Ob wir das Loft bekamen, würden wir allerdings erst nach dieser Reise erfahren, und ich drückte uns inständig die Daumen. Es war mühsam, immer von einem Apartment zum anderen zu tingeln, und ich wollte genau wie Sarina und Cam, dass das der Vergangenheit angehörte.

»Eine Doppelhochzeit?«, fragte ich, weil ich nicht wusste, was Sarina mit ihrer Frage meinte?

»Sich auf ewig zu binden«, sagte sie stattdessen.

»Zu heiraten ist in unserem Fall irgendwie schwierig, oder nicht? Wer heiratet dann wen und wer bleibt außen vor?« Ich schaute zu Cam, doch in seinem Gesicht konnte ich keinerlei Emotionen ablesen.

»Was, wenn wir nicht richtig den Bund der Ehe eingehen, sondern nur ein inoffizielles Versprechen an uns abgeben?«, meinte sie und scheiße, in meiner Brust polterte es gewaltig. »Einfach eine Art Zeremonie, die wir selbst gestalten oder nach unseren Vorstellungen arrangieren lassen. Ich habe mich vorhin mit dem Weddingplanner unterhalten und er hat wohl bereits einige Feierlichkeiten dieser Art betreut. Auch bei polyamoren Partnerschaften.«

Erneut schaute ich zu Cam, der Sarina interessiert zuhörte. »Es wäre auf jeden Fall eine Möglichkeit, die wir in Betracht ziehen könnten. Obwohl ich kein Ritual und keine Feier brauche, um zu wissen, dass ich den Rest meines Lebens mit euch verbringen will.« Ich zog die beiden an mich und schloss die Augen. Sanft berührten mich Sarinas Lippen, ehe Cam mein Gesicht zu sich drehte und er mich ebenfalls küsste.

»Whow, auseinander, Leute, das Büfett wird erst später eröffnet!« Blake tauchte hinter uns auf und lachte. Er sah großartig aus in seinem weißen Anzug mit blassrosa Krawatte, und die Art, wie er strahlte, verriet uns, wie verdammt glücklich er war.

»Ich kann nicht einmal sagen, dass der Neid aus dir spricht – weil scheiße, Mann, du strahlst bis über beide Ohren.« Cam klatschte mit ihm ab und Blake lachte herzlich.

»Fuck, ja, heute ist es endlich so weit. Ist es nicht irre, dass Asher und ich den Bund fürs Leben eingehen? Und das so kurz, nachdem wir als Adoptiveltern eingetragen wurden.« Seine Augen glitzerten vor Rührung und Aufregung.

»Hier seid ihr!« Liam lief auf uns zu, gefolgt von den drei Collins-Brüdern, die Blakes und Liams Groomsmen waren. Ihnen folgten mit einigem Abstand Emilia, Lilah, Skylar, Maeves Schwester, und Sierra, Ashers Schwester, die Brautjungfern, in blassrosa und gelben Kleidern.

»Aaah, ihr seht großartig aus«, rief Sarina und umarmte die Mädels, die sofort in einer angeregten Unterhaltung versanken und ihre Kleider bewunderten.

»Seid ihr schon nervös?«, wandte ich mich an Blake und Liam.

Blake strich sich mit einer Hand durch die Haare. »Ein wenig. Aber ich weiß, dass alles gut gehen wird.«

Liam nickte. »Ich bin so gespannt auf Maeves Kleid.«

»Ich auch auf Asher«, sagte Blake, ehe er laut auflachte. »Scheiße, du hättest dein Gesicht sehen müssen. Natürlich trägt Asher kein Kleid.«

»Bist du dir da so sicher?«, erwiderte ich trocken, prustete aber los, als Blakes Gesichtszüge kurz entgleisten.

»Sehr schön, ihr seid alle fast in der richtigen Position.« Der Weddingplanner, ein schräger Typ mit weißem Zylinder auf dem Kopf, kam auf uns zu. »Na kommt, es geht gleich los«, sagte er, klatschte in die Hände und scheuchte damit alle auf ihre Plätze.

Inzwischen hatten sich die Stühle gut gefüllt.

Sarina, Cameron und ich setzten uns in die erste Reihe, die die Hochzeitspaare extra für uns reserviert hatten. Dann änderte sich die Musik, die die Band spielte. Die Trompete erklang und Maeve wurde von ihrem Vater, einem etwas mürrisch dreinschauenden Mann, zu Liam geführt, während kleine blonde Mädchen vor ihnen weiße Blütenblätter streuten.

Die Braut trug ein simples perlmuttfarbenes Kleid, das in seiner Einfachheit schon wieder so besonders aussah, dass es einem fast den Atem raubte. Ihre langen blonden Haare hatte sie offen, in denen eine große weiße Blüte steckte.

Carolina, Theresa und Dakota, die in der Reihe hinter uns saßen, seufzten bei ihrem Anblick verzückt auf.

Die Trauung war bewegend, und zu sehen, wie verliebt die beiden waren und wie schön alles gestaltet war, löste ein sehnsuchtsvolles Ziehen in meiner Brust aus. Ich drückte Sarinas Hand und Camerons, der neben ihr saß und hinter Sarinas Rücken die Finger mit mir verschränkte.

Erneut dachte ich über ihre Worte nach und dass es auch für uns eine Möglichkeit gäbe, einen mehr oder weniger offiziellen Bund fürs Leben einzugehen. Und je länger ich mir ausmalte, wie es sein könnte, desto besser gefiel mir die Idee.

Wenig später wurde Asher von seiner Mutter zu Blake geführt. Allein zu sehen, wie Asher mit den Tränen kämpfte, als er den Gang entlangschritt und schließlich vor Blake hielt, machte mir bewusst, wie sehr er ihn liebte.

 

Die beiden Trauungen waren wunderschön gewesen und wir hatten noch bis spät in die Nacht hinein mit Maeve, Liam, Blake und Asher gefeiert. Die Band hatte kubanische Lieder gespielt und die Stimmung war immer ausgelassener geworden.

Sarina, Cameron und ich hatten uns zurückgehalten und uns noch vor Mitternacht auf unser Hotelzimmer verzogen. Das war auch der Grund, weshalb wir am nächsten Morgen vor den meisten anderen Hochzeitsgästen aufgestanden waren, um die angenehme Morgenluft am Strand zu genießen.

»Ich hole uns was zu trinken«, sagte Cam und wollte sich bereits abwenden, als Sarina ihn aufhielt. »Für mich bitte nur ein großes Wasser.«

Cameron nickte und machte sich auf den Weg.

»Wollen wir uns setzen?«, fragte sie und deutete auf eine gemütlich aussehende Hollywoodschaukel, die von einer Palme baumelte.

Ich nickte und bat sie, vorzugehen.

Seufzend ließ sie sich in die weichen Polster sinken und ich machte es mir ebenfalls darauf bequem. Auch Cameron würde noch neben uns Platz haben, wenn er zurück war.

»Die Feier gestern war echt schön«, sinnierte Sarina, während wir die Wellen beobachteten.

In der Ferne erkannte ich Paulina und Kilian, die Hand in Hand über den Strand spazierten. Sarinas Dad hatte wohl meinen Blick gespürt, denn er schaute zu uns und nickte uns grinsend zu.

Inzwischen hatte er sich mit unserer Beziehung abgefunden, und ich hatte den Eindruck, dass er Cam und mich als seine potenziellen Schwiegersöhne ins Herz geschlossen hatte. Zumindest behandelte er uns so, wie ich es nicht einmal von meinem Vater kannte. Gut, das war vermutlich auch nicht schwer, Dad hatte nie wirklich große Gefühle gezeigt. Da war ein beherztes Schulterklopfen schon eine gewaltige Liebeserklärung.

Als Cam zurückkam, hielt er zwei Tassen Kaffee in den Händen. Einer der Bediensteten folgte ihm mit einem kleinen Tischchen und einer Wasserflasche, über die ein Glas gestülpt war.

»Was für ein Service.« Sarina bedankte sich amüsiert, als er ihr Wasser einschenkte.

Als wir wieder allein waren, schaukelten wir gemütlich hin und her.

»Also an dieses Leben hier könnte ich mich gewöhnen. Sollte das mit dem Loft nicht klappen, könnten wir ja nach einer Immobilie hier auf Kuba Ausschau halten«, sagte ich, meinte es aber nicht ernst – was mein Tonfall jedoch nicht verriet.

»Was?«, stieß Cam aus.

»Bist du verrückt?« Das kam von Sarina, die sich vor Überraschung beim Trinken glatt etwas von dem Wasser auf ihr gemütliches Strandkleid geschüttet hatte.

Belustigt schaute ich die beiden an. »Leute, das war ein Scherz!«

Ein kollektiv erleichtertes Seufzen ertönte, ehe sie es sich wieder bequem machten.

»Wir bekommen das Loft, ich bin fest davon überzeugt. So oder so wäre es keine gute Idee«, meinte Sarina schließlich. »Immerhin hat sich Dad inzwischen komplett aus dem Unternehmen zurückgezogen und mir die alleinige Verantwortung übergeben.«

Das stimmte. Kilian war noch einige Zeit hin und wieder im Büro aufgetaucht und hatte bei jeder Gelegenheit nachgefragt, was sich gerade tat und wie es lief. Aber das hatte sukzessive nachgelassen, bis er irgendwann kurz vor Weihnachten meinte, dass es ihn ziemlich belastete, immer auf dem neuesten Stand bleiben zu wollen. Deshalb hatte er schließlich mit sich selbst Frieden geschlossen und beschlossen, es ein für alle Mal sein zu lassen. Und obwohl vorerst noch alle skeptisch gewesen waren, ob er es wirklich durchziehen würde, hatte er sein Wort gehalten. Nun waren bereits gute drei Monate vergangen, in denen er sichtlich aufgeblüht war – als hätte er eine Last abgelegt und könnte nun endlich frei atmen.

»Und außerdem … würde ich schon echt gern in der Nähe meiner Eltern bleiben. Weil wir sie in Zukunft bestimmt hin und wieder brauchen werden«, fuhr Sarina fort.

Irritiert sah ich sie an, dann weiter zu Cam, aber auch er schien nicht zu verstehen, was sie meinte.

»Um das ein oder andere Mal auf ihr Enkelkind aufzupassen.« Sie schaute von Cam zu mir und grinste verhalten.

»Warte … Enkelkind?« Cams Augen wurden groß, während mein Herz von einer Sekunde auf die nächste doppelt so schnell schlug.

»Bist du … schwanger?«, wollte ich wissen und verschränkte meine Finger mit ihren.

»Ja, in der zwölften Woche. Die kritische Phase ist vorbei, das kleine Stöpselchen laut meiner Ärztin völlig gesund.« Sie legte eine Hand auf ihren Bauch, der noch ganz flach war.

Ein Kloß schob sich in meinem Hals nach oben und machte es mir unmöglich, zu sprechen.

Wir hatten schon vor einigen Monaten darüber gesprochen, dass wir ein Kind wollten. Sarina hatte ihre hormonelle Verhütung abgesetzt und wir hatten es einfach darauf ankommen lassen. Dass es nun tatsächlich so schnell geklappt hatte, damit hatte ich ehrlich gesagt nicht gerechnet.

Schon im Vorfeld hatten wir vereinbart, falls es mit der Schwangerschaft klappen sollte, würden wir nicht infrage stellen, wer von uns der Vater war. Cam und ich würden uns beide um das Kind kümmern und es aus ganzem Herzen lieben – da war es einfach nicht wichtig, wer von uns den schnelleren Schwimmer gehabt hatte.

Von der Seite hörte ich ein verhaltenes Schluchzen, ehe sich Cam mit dem Handrücken über die Nase wischte.

»Scheiße, heulst du jetzt?«, fragte ich mit so belegter Stimme, dass klar war, dass ich ebenfalls kurz davorstand.

»Ich doch nicht«, meinte Cam und lachte schniefend.

»Wir werden Eltern.« Voller Verwunderung und Begeisterung sprach ich aus, was ich noch gar nicht fassen konnte. Sarina, Cameron und ich – und ein kleines Baby. Eine richtige, echte Familie. In Sarina wuchs die größte Bestätigung, wie großartig unser Leben war.

»Ja, es hat geklappt.« Nun wischte sich auch Sarina Freudentränen von den Wangen.

»Okay, das war nicht ganz so geplant, aber …« Cameron stand auf und ging vor uns in die Knie. Gleichzeitig klappte er eine kleine Ringschatulle auf, in der doch tatsächlich zwei goldene Ringe glänzten. »Sarina und Lennox, ich liebe euch beide so sehr. Ihr habt mein Leben auf eine Weise bereichert, wie ich es nicht für möglich gehalten hatte. Nun frage ich euch: Wollt ihr für immer und ewig mit mir zusammen sein?«

Sarina kreischte auf und schlug die Hände vor den Mund, um ihre Begeisterung zu bremsen.

»Ja, verdammt, ich will«, sagte ich, stand auf und zog Cameron in meine Arme – als Sarina vor uns in die Knie ging.

»Nun bist du mir tatsächlich zuvorgekommen.« Verlegen grinste sie. »Cameron Henderson und Lennox Barnes, ich liebe euch. Ihr seid mein Anker und mit unserem Baby, das in mir wächst, macht ihr mich schon jetzt zur glücklichsten Frau auf diesem Planeten. Dennoch will auch ich euch noch einmal fragen, ob ihr den Bund fürs Leben mit mir eingehen wollt? Vielleicht ebenfalls an einem Strand?« Mit diesen Worten zog sie eine Ringschatulle aus ihrer kleinen Handtasche, in der zwei identisch aussehende goldene Ringe in der Morgensonne glitzerten.

Ohne zu zögern, zog ich sie auf die Füße und in unsere Arme. »Ich liebe dich, Sarina. Und dich, Cameron.« Langsam schüttelte ich den Kopf. »Ich kann nicht fassen, dass ihr beide das alles vorbereitet habt und ich so gar nicht damit gerechnet habe.«

»Völlig unabhängig voneinander, ich schwöre«, sagte sie lachend und strahlte Cameron an, der nickend bestätigte.

»Du darfst dafür die Ringe für die Trauungszeremonie besorgen«, meinte Cam entschlossen und klopfte mir auf die Schulter.

»Habt ihr Ja gesagt?«, hörte ich Maeve aus einiger Entfernung rufen.

Mir war gar nicht aufgefallen, dass wir nicht mehr allein waren. Als ich mich umdrehte, sah ich, dass inzwischen ein Großteil der Familie und des Freundeskreises versammelt war und zu uns schaute – als wäre auch das von den beiden geplant gewesen.

»Ja!«, antwortete Sarina laut zurück. »Wir werden heiraten.«

Der Trubel, der daraufhin ausbrach, wirbelte sämtliche Glücksgefühle auf ein neues Level. Hände wurden geschüttelt, Schultern geklopft und Umarmungen ausgetauscht. Nur, dass unser Baby unter Sarinas Herzen wuchs, wollten wir erst noch für uns behalten. Solange Sarina nicht diese Neuigkeit verkündete, würde ich sowieso nicht damit herausplatzen.

Dass ich mit Sarina und Cameron die beiden besten Menschen an meiner Seite hatte, wusste ich schon länger. Aber dass unser Glück in Kürze perfekt sein würde, ließ mein Herz noch schneller schlagen und raubte mir beinahe den Atem. Mit meinem Umzug nach New York City hatte ich die Lieben meines Lebens gefunden – die Stadt und die Familie, die bald um einen wundervollen kleinen Menschen größer werden würde. Und ich konnte nicht glücklicher sein.